Die Wende habe ich als Bausoldat auf einem Truppenübungsplatz an der polnischen Grenze erlebt. Wir mussten den Schießplatz pflegen; das war Beschäftigungstherapie, weiter nichts. Da haben wir RIAS auf Mittelwelle gehört und so vom Fall der Mauer erfahren. Ich habe den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert. Ich war mit dem System an sich nicht einverstanden, mit dem Eingesperrtsein und dass einem vorgeschrieben wurde, was man denken, tun und sagen sollte.
Im Dezember sind meine Frau und ich mit dem Trabi nach Heidelberg gefahren, um einen Freund zu besuchen, den wir in Ungarn auf einem Campingplatz kennengelernt hatten. Ich habe mir vom Begrüßungsgeld zwei Schallplatten gekauft: eine von Frank Zappa und eine von Patti Smith. Zu DDR-Zeiten habe ich viel West-Radio gehört und bin zu Rock- und Blueskonzerten gegangen. Mein Freund aus Heidelberg wollte mir mal eine BAP-Platte schicken, die kam aber nicht durch. BAP hatten ein kritisches Lied geschrieben, das der DDR-Führung nicht gefiel und deswegen waren die verboten.
Ich war begeistert von den Gaststätten in Heidelberg. Bei uns waren die Speisekarten übersichtlich, da gab es halt Schnitzel, an Gemüse gab es Weißkraut und Blaukraut. Beim Griechen in Heidelberg wurde einem ein ganzes Buch vorgelegt. Ich habe mich von der Anfangs-Euphorie mitreißen lassen, ich war sicherlich auch etwas verblendet. Später sind dann die alten Autos aus dem Westen zu uns gekommen und die Versicherungsvertreter. Sagen wir mal so: Alles, was im Westen nichts mehr wert war oder nichts geworden ist, ist dann in den Osten gekommen.