Diese Frage wird überraschend wenig gestellt, obwohl sie vielfältige, spannende und sehr persönliche Antworten bringt, und gleichzeitig viel über uns alle erzählt. Was sagt es eigentlich über die Zeiten des Mauerfalls aus, wenn ein 15jähriger sich einen Adidas-Rucksack, ein Skateboard und Fruchtjoghurt kauft. Oder die Familie sich gemeinsam eine ordentliche Bohrmaschine für den Hausgebrauch zulegte. Hat sich die West-Hitparade in den Plattenkäufen mit den ersten Westmark abgebildet oder war ganz anderes gefragt? Wie viele Menschen lehnten damals bewusst ab, das Begrüßungsgeld abzuholen?
Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall und der friedlichen Revolution in der DDR gibt es so gut wie keine Literatur, Forschung oder Umfragen dazu, wie die 100DM Bergrüßungsgeld verwendet wurden.
Und das obwohl der Umgang damit spannende, sehr persönliche (Konsum-)Geschichten erzählt, privates wie gesellschaftliches, einen Blick auf Ost wie West wirft. Wurde das Begrüßungsgeld gespart oder – als das, als was es ja angelegt war – tatsächlich hauptsächlich in Konsumgüter gesteckt? Und wenn letzteres, was wurde konsumiert? Mit dem Mauerfall trafen zwei sehr unterschiedliche Gesellschaftsvisionen aufeinander und das Begrüßungsgeld ist nicht etwa ein Angebot auf politische Teilhabe, sondern ein Konsum-Angebot, das der kapitalistisch geprägte, demokratische Westen dem bis dahin sozialistischen Osten im ersten Schritt macht. Einkäufe mit dem Begrüßungsgeld sagen etwas darüber aus, was im Osten vermisst wurde, dort Mangelware war, aber sie geben uns auch ein Bild davon, mit welchem Blick auf die westliche Konsumgesellschaft geschaut wurde.
(Wende-)zeitgeschichte lässt sich also lebendig erzählen entlang der einfachen Frage: “Was hast Du Dir eigentlich für Dein Begrüßungsgeld gekauft?”. Warum nicht endlich einen Blick darauf werfen, was mit den 100DM gemacht wurde?
Wir schaffen das Projekt 100DM, das von großen und kleinen Konsum-Wünschen der Wendezeit erzählt – von individuellen wie gesellschaftlichen Erwartungen, ihrer Erfüllung oder auch ihrer Enttäuschung.
2018 finden die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin statt, 2019 jährt sich der Mauerfall zum 30. Mal. Diese beiden Jubiläen sind der Ausgangspunkt, um sich tiefer und umfassend den 100DM zu widmen und endlich eine analytisch-historische, vor allem aber eine künstlerisch-kulturelle Auseinandersetzung damit zu schaffen.