Kathrin S.
52 Jahre
Berlin

Die Mauer fiel genau an dem Tag, als ich nach der Geburt meiner Tochter Pia aus der Entbindungsklinik kam. Deshalb haben wir von der ganzen Aufregung kaum etwas mitbekommen. Abends haben wir zwar die „Aktuelle Kamera“ gesehen, aber so richtig verstanden haben wir nicht, was der Herr Schabowski da vor sich hin stotterte. Erst drei Wochen später bin ich das erste Mal mit Pia rüber, über die Wollankstraße, das war von uns aus der nächste Übergang. Mit der S-Bahn bin ich dann Richtung Wedding gefahren. Und nach drei Stationen wieder aus dem Waggon geflüchtet. Es war so voll, und es war eine Gruppe Betrunkener dabei, die immer gegen den Kinderwagen rammelten. Ich bin dann also irgendwo im Wedding ausgestiegen und kam an einer Bank oder Sparkasse vorbei, da habe ich mir gleich das Geld geholt. Der Beamte hinterm Schalter guckte etwas komisch, als ich die Kleine hochhielt und sagte: „Für das Baby bitte auch.“ Für mich war es das erste Mal in West-Berlin, ich war ganz schön aufgeregt. Aber nicht wegen des Geldes. Ich hatte eine Tante in Bonn, von der bekam ich schon vor der Wende 200 Mark. Das Begrüßungsgeld floss in unsere erste Reise ein, in die Toskana, das war erst im Frühling 1991. Elf Städte an elf Tagen. Das war eine Studiosus-Reise und wir waren die absoluten Exoten im Bus. So wurden wir auch behandelt, außer uns alles Westler. Das war komisch. Die redeten fast nur über Mercedes und dergleichen, was für uns eine andere Welt war.