Inge-Dore und Karl-Heinz P.
65 Jahre
Mecklenburg-Vorpommern

Wir waren unter den Ersten, die rübergefahren sind, als der Grenzübergang bei Roggendorf geöffnet wurde. Wir brauchten ungefähr drei Stunden für die 25 Kilometer nach Ratzeburg. An der Grenze haben uns die Leute Bananen und Apfelsinen ins Auto gereicht. Und die klopften aufs Auto, da hatten wir schon Angst, dass die Pappe einbricht. Das war eine tolle Stimmung.

In Ratzeburg sind wir einfach den Massen gefolgt, die sind alle Richtung Bank gegangen. Da war eine lange Schlange, wir haben uns angestellt, das kannten wir ja. Bis wir das Begrüßungsgeld abgeholt hatten, war es schon spät und unsere Tochter hatte Hunger. Wir hatten aber nichts dabei; wir wussten ja nicht, dass das so lange dauern würde. Also sind wir zu Arko gegangen und haben eine Tafel Schokolade gekauft. Als wir auf dem Markt standen und uns gerade ein Stück Schokolade genehmigen wollten, kam ein Herr und flüsterte Karl-Heinz ins Ohr: „Haben Sie was dagegen, wenn ich Sie zum Abendbrotessen einlade?“ Das hörte unsere Tochter und schrie: „Ja!“ Sie hatte also nichts dagegen. Uns war das natürlich ein bisschen unangenehm, uns von wildfremden Leuten zum Essen einladen zu lassen. Wir sind dann trotzdem mit dem Herrn und seiner Frau zum Griechen gegangen. Da saßen wir bis Mitternacht, haben es uns gut gehen lassen und haben auch schon ganz viel erzählt.

Daraus ist eine lebenslange Freundschaft geworden. Das war ein ganz großer Glücksfall. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Dass wir aus Ost und die aus West kamen, war völlig egal. Wir haben uns über alltägliche Dinge unterhalten und hatten ähnliche Auffassungen. Das passte wie Hut auf Kopf. Die beiden haben uns auch angeleitet für den weiteren Weg im Westen. Wir konnten mit allen Fragen kommen: über Versicherungen, Erziehung, Steuern und so weiter. Da haben sie uns wirklich zur Seite gestanden. Und wir hatten auch richtig viel Spaß zusammen, wir haben oft zusammen gekocht und gegessen.