Monika N.
53 Jahre
Berlin

Meine Eltern haben sich das Geld nicht abgeholt, sie wollten keine Almosen aus dem Westen. Was sie wollten, war, dass ihre Arbeitsverträge und Mieten so bleiben würden. Dieses Begrüßungsgeld fanden sie herabsetzend.
Ich hingegen holte mir das Geld ab. Aber nicht wie die meisten nach dem Mauerfall, sondern schon vorher. Meine Sehnsucht nach Freiheit, der Freiheit zu reisen, brachte mich zur Entscheidung zu fliehen. Schon als ich Kind war, waren wir als Familie immer viel gereist, in alle Länder, die aus der DDR ohne Visum möglich waren. Mit 24 wollte ich aber noch mehr von der Welt sehen.
Im Sommer 1989 war es so weit, meine Schwester und ich, mit unseren Kindern, flohen über Ungarn in den Westen. Die Flucht war sehr hart, vor allem die vielen Stationen und Notunterbringungen mit den Kleinen. Wieder in Berlin, nachdem wir alle Anmeldungen und die nötigen Stempel beisammen hatten, wurde uns das Geld ausgezahlt.
Aber selbst das Einkaufen im Supermarkt war eine totale Überforderung! Alles war so bunt! Es gab plötzlich so viele Sorten Waschmittel! Genauso war das auch bei den anderen Waren. Diese Entscheidungen konnte ich nicht treffen. Mit leeren Händen ging ich wieder aus dem Laden. Am Konsum war ich ja nie interessiert, Westgüter zogen mich einfach nicht an, weder Fernseher noch Autos. Das Geld sparte ich also für das, was mich bewegte – fürs Reisen. Meine erste Reise führte mich nach Korsika, mit dem Auto eines Freundes.