Elke D.
79 Jahre
Thüringen

Als ich vom Mauerfall hörte, hatte ich Gänsehaut. Ich war damals Ende 40 und habe in der Gastronomie gearbeitet. Wir hatten auf Arbeit das Radio laufen, aber haben gar nicht richtig zugehört. Mit einem Ohr habe ich irgendwie mitbekommen, dass die Mauer offen ist und habe alle Kollegen gerufen. Die meinten erst: „Quatsch, du spinnst!“

Zum ersten Mal im Westen war ich kurz vor Weihnachten, in Coburg. In den Geschäften war ich komplett überfordert. Es gab einfach viel zu viel! Ich hätte nicht entscheiden können, was ich von meinen einzigen 100 Westmark kaufen soll. Damals dachte ich ja, ich würde bestimmt nie wieder Westgeld kriegen.

Weil ich Hunger hatte, habe ich mir dann einfach nur ein Fischbrötchen gekauft, mit Matjes. Der Fisch-Stand roch jedenfalls viel besser als in der DDR – bei uns hatten die immer sehr stark nach Fisch gerochen, aber dieser roch richtig appetitlich. Dann bin ich wieder nach Hause gefahren.
Später habe ich das Geld doch noch ausgegeben, für einen Rucksack, mit dem man ein Baby auf dem Rücken tragen kann, für den Enkel.

Nach der Wende habe ich zwei Umschulungen gemacht und war 19 Jahre im privaten Pflegedienst tätig. Die medizinische Versorgung in unserer Region ist auf jeden Fall schlechter geworden. Man muss heute sehr lange auf Arzttermine warten. Ärzte, die in Rente gehen, finden keine Nachfolger mehr. Für manche Spezialisten muss man in andere Städte fahren. Viele sind ja damals schnell in den Westen gezogen. Aber ich zieh’ hier nicht mehr weg.