Ich war gerade neun Jahre alt geworden, als die Mauer fiel. Unsere Eltern haben das Geld natürlich für uns bekommen. Ich kann mich nur noch sehr dunkel ans Anstellen erinnern, irgendwo am Alex, aber das kann auch in einem völlig anderen Zusammenhang gewesen sein. Unsere Mutter sagte zu mir und meiner kleinen Schwester: „Die Hälfte dürft ihr ausgeben, wofür ihr wollt.“ Die andere Hälfte sollte für Reisen aufgehoben werden. Ich weiß nicht, ob das jemals passiert ist. Aber für uns war das natürlich paradiesisch, 50 Mark!
Wir sind zu Wertheim auf dem Ku’damm gegangen, vermutlich gleich am 11., an dem Sonnabend. Und da habe ich mir in der Schreibwarenabteilung Glitzerbleistifte, Fineliner, Briefpapier gekauft. Ich war im Rausch und meine Mutter bremste dann: „Gib nicht gleich alles aus. Heb dir mal noch ein bisschen was auf für Dinge, die du wirklich haben willst.“ Und so bin ich ein paar Tage später mit meiner Freundin Anna zum Leopoldplatz gefahren, zu Karstadt. Ich weiß nicht mehr genau, wie wir dahin gekommen sind, ich denke mal, mit der U-Bahn. Alleine, auch ganz schön krass in dem Alter. Und dort habe ich mir in der Spielzeugabteilung eine „Cherry Merry Muffin“-Puppe ausgesucht. Kleiner als eine Barbie, dafür mit normalen kindlichen Proportionen. Die hatte lange schwarze Haare – und Apfelaroma. So was gab’s ja im Osten auch noch nicht, chemisch erzeugte Aromen. Ich fand das so toll. Anna suchte sich die mit Erdbeerduft aus. Die kostete 25 Mark und ich wusste an der Kasse, auch wenn ich noch keine genaue Vorstellung von Geld hatte, dass ich jetzt mein letztes Geld für diese Puppe ausgeben werde. Es war meine erste „Anschaffung“. Die kam dann in so einer Plastikbox. Alles neu: Plastik, Aroma … Das war großartig. Lange gespielt habe ich mit „Apple Amy“ dann nicht, eigentlich war ich zu alt dafür.
Aber ich musste das wohl alles nachholen.