Ich konnte den Hype in der Zeit um den Mauerfall nicht nachvollziehen. Ich habe die ersten Tage nicht sehr positiv wahrgenommen; da liefen Westler mit ihren Fotoapparaten bei uns durch die Straßen, manche verkauften Kleidung aus den Kofferräumen ihrer Autos. Mit dieser Verkaufsmentalität konnte ich nichts anfangen. Für uns in der DDR waren andere Werte wichtiger, wie zum Beispiel Zusammenhalt. Ich trauere der DDR nicht nach, aber der Moral schon. Ich dachte nicht, dass die DDR-Bürger auf dieses Konsumdenken hereinfallen würden. Aber da habe ich mich getäuscht.
Zum Begrüßungsgeld hatte ich ein zweischneidiges Verhältnis; ich holte es nicht sofort ab. Es kam mir ein bisschen wie Almosen vor und wie Bestechung: Dass man jetzt auf den Geschmack des Konsums kommen sollte. Aber ich war alleinerziehend und konnte das Geld gut gebrauchen. Und ein bisschen fasziniert war ich schon auch. Also fuhr ich mit meinem Sohn mit dem Zug in die erste kleine Stadt in Bayern, Ludwigsstadt. Da ist mir klar geworden, dass die im Westen auch nur mit Wasser kochen. Die Häuser waren ein bisschen besser restauriert, die Fassaden bunter, aber die Menschen haben genauso getratscht wie bei uns. Ich habe mir einen grünen Lidschattenstift gekauft, weil ich eben einen brauchte. Für meinen Sohn habe ich ein kleines Spielzeugauto gekauft. Den Rest habe ich aufgehoben. Den Lidschattenstift benutze ich noch manchmal, aber ich schminke mich nicht oft. Die richtige Kappe ist verloren gegangen, ich habe eine andere daraufgesetzt.