Ilja I.
42 Jahre
Berlin

Am Samstag, gleich nach der Maueröffnung, machte ich mich mit meiner Familie über den Grenzübergang Oberbaumbrücke in den Westen auf. Mit der U-Bahn ging es zum Zoologischen Garten, wo wir uns gerade noch so bei einer Bank anstellen konnten. Die Bank wollte schon schließen, aber meine Mutter schaffte es noch, sich mit in die Schlange zu „schummeln“. Viele Leute waren genervt, die Angestellten hatten schon viele Überstunden geleistet. Und wer weiß, vielleicht hatte die Bank schon bald kein Geld mehr? Als wir dann jeder 100 Mark in der Tasche hatten, entschieden wir, wieder in Richtung Kreuzberg zu fahren, entlang des Ku’damms war es einfach viel zu voll.

Wofür mein Geld draufging? Ich war 13 und wollte, wie alle damals im Osten, ein Skateboard! Bis zu diesem Tag war die einzige Option ein hässliches Plastik-Skateboard aus DDR-Produktion. Selbst die waren sogenannte Bückware, also schwer zu bekommen und machten ihre Besitzer bloß glücklich, weil sie etwas Besonderes besaßen.

Leider war mein Kardinalfehler, dass ich meins im Kaufhaus kaufte. In den Händen hielt ich mein bunt bemaltes Brett, mit vielen neonfarbigen Plastikdetails. Für unglaubliche 80 Mark! Es dauerte nicht lang, bis ich herausfand, dass es eigentlich Schrott war. Es war viel zu dick und schwer, die Form erinnerte eher an ein Surfbrett. Meine Lust am Fahren ließ schnell nach, der Unterschied zwischen dem, was andere mit richtigen Skateboards konnten und was ich mit meinem Brett zustande brachte, war zu groß. Ich hatte auch kein Interesse mehr, mir nach der Währungsunion ein „richtiges“ Skateboard anzuschaffen. Vielleicht war es auch nicht die richtige Jahreszeit, damit anzufangen – mir war ständig kalt. Aber wenigstens war ich viel draußen im Freien!