Leerer Einkaufwagen
89 Jahre
DDR

Stellt man die Frage: „Was hast Du Dir eigentlich für Dein Begrüßungsgeld gekauft?“, kommt man an einer Antwort nicht vorbei. Nämlich: nichts.
Es gibt keine genauen Zahlen, die uns aufklären, wie viele Menschen das Begrüßungsgeld abgeholt – und schon gar nicht, wie viele es nicht getan haben. Aber bei der Recherche für die Ausstellung ist schnell klar geworden: Natürlich gab es viele, die „ihr“ Begrüßungsgeld erst gar nicht abgeholt haben oder für die die Wende derart negativ besetzt ist, dass ungerne daran gedacht oder gar darüber gesprochen wird.

Das Begrüßungsgeld markiert in ganz praktischem Sinne den Übergang von einem System ins andere. Und nicht alle wollten diesen Schritt über das Begrüßungsgeld tun – aus unterschiedlichen Gründen. Das Begrüßungsgeld löste eben nicht nur Begeisterung aus. Einige, beispielsweise auch der damalige Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, forderten die Abschaffung des Begrüßungsgeldes, weil es sich dabei um eine „entwürdigende Praxis“ handele. Er bezog sich dabei auf die schier endlosen Schlangen, in die sich DDR-Bürger mit der ganzen Familie trotz kalten Winterwetters einreihten. Und tatsächlich spielten sich in den ersten Wochen nach dem Mauerfall neben der ersten Euphorie, der Neugier und dem Kaufrausch auch Szenen ab, die nicht nur positiv wahrgenommen wurden. Auch das sicherlich gut gemeinte kostenlose Verteilen von Bananen oder Schokolade führte dazu, dass sich Menschen eher abgestoßen fühlten.

Nicht zuletzt war es aber auch Kritik am Begrüßungsgeld selbst, die zur Ablehnung führte: Das erste Angebot des Westens an den Osten war eben nicht das der politischen Teilhabe, sondern ein Konsumangebot. Damit verbunden war die Sorge, dass der Westen den Osten einfach schlucken könnte, genauso wie das Geldgeschenk als Versuch von Käuflichkeit wahrgenommen wurde. Es gab durchaus Lebensbereiche im Osten, in denen das Abholen des Begrüßungsgelds gesellschaftlich verpönt war – und in Folge nicht, oder wenn, dann heimlich abgeholt wurde.
Die Gründe sind vielfältig und die Ablehnung des Begrüßungsgeldes war in jedem Fall keine Seltenheit. Gerade deswegen ist auch das Teil der Wendegeschichte und Teil unserer Ausstellung: ein leerer Einkaufswagen.