Potraitfoto Susanne E.

Susanne E.
56 Jahre
Ferdinandshof/ Mecklenburg-Vorpommern

Im Herbst 1989 wollte ich noch mit dem Freundschaftszug in die Sowjetunion fahren und bin am Ostbahnhof in den Zug Richtung Moskau gestiegen. Als wir an die polnische Grenze kamen und der Grenzer meinen Ausweis sehen wollte, fand ich mein Portemonnaie nicht mehr. Irgendwie musste es mir am Bahnhof geklaut worden sein und damit war die Reise für mich vorbei. Zurück in Berlin musste ich erst mal einen vorläufigen Reisepass als Ersatzdokument beantragen. Als dann die Mauer fiel, fuhren wir mit der ganzen Familie nach Berlin, um uns das Begrüßungsgeld abzuholen. Ich legte nach langem Schlangestehen bei der Bank meinen vorläufigen Reisepass vor und die Frau am Schalter sagte: „Tut mir leid, das geht nicht.“ Ich muss wohl sehr entgeistert geschaut haben, denn nach kurzer Diskussion bekam ich das Geld doch.

Wir sind dann mit dem Geld in einen Baumarkt gefahren, um Fliesen zu kaufen. Ein Jahr zuvor hatten wir begonnen, das Haus meiner Eltern zu sanieren und das Bad sollte nun einen halbhohen Fliesenspiegel aus echten West-Fliesen bekommen. Als wir unseren Trabi vollgeladen hatten und losfahren wollten, hatte mein Mann bedenken. Das Auto war so gefährlich überladen, dass wir noch Freunde kommen ließen, die die Hälfte der Fliesen in ihren Trabi luden. Zu Hause angekommen, schauten wir uns das Badezimmer noch mal an und entschieden uns nach einigen Diskussionen, den Raum doch ganz zu fliesen, also bis zur Decke und nicht nur halbhoch. Und so fuhren wir mit den ganzen Fliesen zum Baustoffhandel bei uns in Vorpommern und gaben die West-Fliesen in Kommission, um sie später gegen die doppelte Menge Ost-Fliesen tauschen.

Die Zeit nach der Wende war für uns dann eine schwierige Zeit, die uns viel Kraft gekostet hat. Doch wir haben es geschafft. Das Haus ist saniert und das bis zur Decke geflieste Badezimmer gibt es immer noch.